Unglaublich, jetzt ist es gleich so weit, ich fühle es genau. Mein zukünftiges Haustier ist nur noch eine Armeslänge von mir entfernt. Wir parken gerade vor der Tierarztpraxis ein. Ihr habt schon richtig gehört, genau diese Praxis, die einen supertollen Ruf hat, quasi den besten Ruf der Rufe, der Stern unter den Rufen, äh, also, ich meine Praxen. Aufgrund meiner langen und sorgfältigen Recherche habe ich genau diese Praxis gefunden und wusste sofort: Die ist es! Tada, hier sind wir. Mann und Kinder sind auch mit dabei, es kann nichts schief gehen. Auf der Liste der Praxishomepage finden sich zwei wahnsinnig süße Hundchen, die für uns total interessant sind. Der Vollständigkeit halber gibt es da noch eine Katze, leider völlig uninteressant, wenn ich das so sagen darf, einen Hasen und einen Wellensittich, absolut nichtig, tut mir leid ihr beiden! Aber ich habe mir sagen lassen, dass die Vermittlungsquote hier am höchsten ist, das heißt, wenn wir euch nicht nehmen, findet sich garantiert bald eine andere Familie. Hach, ich bin schon soooo aufgeregt, gleich werden wir den Hund in unsere Arme schließen können. Die Dame an der Rezeption ist auch wahnsinnig nett, holt auf meine Bitte gleich die Tierärztin, die sich riesig freut, dass wir wegen der zu vermittelnden Tiere gekommen sind. Wir strahlen alle vor lauter Aufregung. Und Vorfreude. Sie führt uns einen Gang entlang und öffnet die Tür. „Hier, bitte schön. Hier ist Ihre Katze!“ Abrupt bleibe ich stehen. Meine Kinder prallen mir hintendrauf, mein Mann knallt auf die Kinder. „Aua!“, beschwert sich mein Sohn. „He, pass doch auf! Du tust mir weh!“, kreischt meine Tochter und mein Mann ruft: „Ich kann doch auch nichts dafür, wenn eure Mutter einfach plötzlich mitten in der Tür stehenbleibt!“ Betont ruhig und freundlich frage ich irritiert nach: „Wie bitte? Ich habe gerade Katze verstanden! Sie meinen Hund, oder?“ Schweigen. „Sie meinen doch aber Hund, oder?“ Meine Stimme ist nun etwas lauter geworden. Wer mich kennt, weiß, dass ich kurz, ganz kurz vor einer Panikattacke stehe. „Es tut mir sehr leid, aber die beiden Hunde sind schon gut vermittelt worden. Wir haben hier noch diese Katze. Sie bräuchte auch dringend ein neues Zuhause. Wollen Sie sie sich nicht einmal ansehen?“ „Was? Die Hunde sind weg? Nur noch diese Katze dort ist zur Vermittlung übrig?“, frage ich begriffsstutzig nach. Vor meinem inneren Auge zerplatzt gerade der Traum von einem Hund. Puff! Einfach so, weg! „Wollen Sie sich nicht einmal diese süße Katze ansehen?“, fragt die Tierärztin beharrlich nach. „Katze oder Kater?“, kommt es mir als nächstes über die Lippen. „Wenn Sie es genau wissen wollen, Kater!“ Diese Antwort hatte ich befürchtet. Das war es dann. Ich werde ganz sicher keinen Tiger bei uns einziehen und mich bis ans Ende drangsalieren lassen. Nicht mit mir!! Meine Kinder sind inzwischen vorgeprescht und sehen sich das gefährliche Tier an. Kein Wunder, dass er so ruhig ist, er ist ja hinter Gittern. Bestimmt steht er auch unter Beruhigungsmitteln, sonst würde er hier den Käfig in null Komma nichts zerlegen, völlig klar! Die Begeisterungsrufe der Kinder und meines Mannes, na hoppla, habe ich da richtig gehört, bringen mich wieder ins Hier und Jetzt zurück! Alle drei machen sich vor dem Käfig zum Affen. Und dann sehe ich es. Das Schnäuzchen, komplett weiß und eine kleine süße, rosa Nase. Du meine Güte, kann eine Nase alleine schon so niedlich sein? Das gibt es doch gar nicht. Langsam schiebe ich mich näher an den Käfig heran. Werde schneller, mutiger. Ich sehe nichts, außer den Rücken, Haaren und Mützen meiner Familie. „Geht mal zur Seite, lasst mich auch mal schauen, nur schauen!“ Breit grinsend drehen sie sich zu mir um. Und dann erhasche ich einen Blick auf das Tier, den Tiger, den Kater und… bin völlig hingerissen. Das gibt es doch gar nicht. So ein süßer, niedlicher Kater. Seine Augen blicken mich an, sehen von diesem Blickwinkel dunkel, fast schwarz aus. Sie sind traurig. Im Stillen gelobe ich: „Ich passe auf dich auf, dir wird nichts Schlimmes mehr passieren. Du wirst bei uns ein wundervolles neues Zuhause haben.“ Vor meinem inneren Auge sehe ich ihn schon auf meinem Schoß oder neben meinem PC liegen, wenn ich arbeite und schreibe. Das ist unser Tier, ich weiß es. Als ich mich zu meiner Familie umdrehe und in lauter bange Gesichter sehe, kann ich nicht anders, als zu sagen: „Auf gar keinen Fall…!“ Entsetzen bahnt sich seinen Weg und meine Kinder drehen sich wütend auf dem Absatz um, als ich meinen Satz vollende: „bleibt der Kater noch länger als nötig hier. Natürlich nehmen wir ihn!“ Jetzt jubeln die beiden, mit meinem Mann wechsle ich einen tiefen Blick und die Kinder fallen mir in die Arme. Wusste ich es doch! Genauso hatte ich es mir von Anfang an vorgestellt, oder?!?
(© Helen Herrmannsdörfer)
Vielen lieben Dank!! Ich freue mich sehr, wenn dir mein Blog gefällt. 🥰 Natürlich habe ich ein paar Dinge und Situationen überspitzt dargestellt. Denn ich möchte schon, dass ihr LeserInnen bei der Lektüre lachen oder schmunzeln müsst... 😍😺
Oh, wie wunderbar sind diese Zeilen zu lesen, liebe Helen 😍 Ich wollte eigentlich nur ein Kapitel lesen und nun habe ich alle 3 verschlungen. Mein Sohn kam und meinte, was ich denn da lese. Eine lange Antwort wollte ich nicht geben, so sagte ich nur: "Psssst, bin gleich für dich da." Natürlich frage ich mich, wie viel Realität sich da wohl reingeschmuggelt hat?" 😉 Nachdem wir selbst eine Katze haben, kenne ich natürlich die meisten der geschilderten Episoden und Gefühle aus eigener Erfahrung und hatte ständig ein Lächeln auf den Lippen 😃 Freu mich schon auf den nächsten Blog 🐈 Nächste Woche vielleicht?